Auch für ehemalige Singalumnen als Schüler der Paul-Gerhardt-Schule von Bedeutung:
In der Nachfolge eines Visionärs
Gießener Anzeiger am 24.10.2023 (Albert Mehl)
Laubach. Diese Premiere hat Maßstäbe gesetzt. Sein 75-jähriges Verbandsjubiläum nahm der Hessische Basketball-Verband (HBV) zum Anlass, um erstmals die Theo Clausen-Medaille zu verleihen. Damit sollen fortan Personen ausgezeichnet werden, die sich besonders verdient gemacht haben um den hessischen Basketball. Zum Auftakt wurden mit Holger Geschwindner und Volker Bouffier zwei Protagonisten ausgewählt, die in engem Bezug zum Namensgeber Theo Clausen stehen. Denn der 1911 geborene Pionier dieser Sportart in Deutschland gründete am 24. August 1947 den Verband. Und da er einen Großteil seines Lebens und Wirkens ab 1955 in Laubach verbracht hatte, war die Stadt am Fuße des Vogelsbergs der Ort besagter Premiere.
Genauer gesagt das Laubach-Kolleg, der Nachfolger des Graf-Friedrich-Magnus-Alumnats, als dessen Leiter Clausen ab Mitte der 50er Jahre tätig war. »Das ist eine erstmalige und außergewöhnliche Veranstaltung im Rahmen unseres Jubiläums«, kündigte Michael Rüspeler, der HBV-Präsident aus Butzbach an. Und sein Verband hatte sich, genauso wie das Laubach-Kolleg um dessen Rektorin Anja Fuhr, mächtig ins Zeug gelegt, um der Premiere im Atrium des Lehrinstituts einen würdigen Rahmen zu geben. Das dokumentierten nicht nur die exzellent aufspielende jungen Musikerinnen und Musiker des Kollegs.
Ins mittelhessische Bild passte, dass Armin Andres als Vizepräsident des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) zum Verbandsjubiläum den Ehrenschild der Dachorganisation an Rüspeler übergab. Er habe »vielleicht ein bisschen mehr Kontakt zu Hessen« als sein Präsident Ingo Weiß, untertrieb der 64-jährige Bamberger. Schließlich hatte er von 1991 bis 1994 als Spieler und danach zwei Jahre (sowie 2004) als Trainer beim MTV 1846 Gießen erfolgreich gewirkt. Weshalb nicht verwunderte, dass der frisch von Mallorca (von der Olivenernte) eingetroffene Andres in Laubach jede Menge Kontakt wiederaufleben lassen konnte. Dem hessischen Verband gab der DBB-Funktionär mit auf den Weg, dass er sich »genauso weiterentwickelt habe wie er es vielleicht unter Theo Clausen getan hätte«.
Womit der Bogen zu den Ehrungen gespannt war. Denn schließlich war Holger Geschwindner, eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die der deutsche Basketball bislang zu bieten hat, ein Schüler von Clausen. »Er hat die Begeisterung für Basketball in Holger Geschwindner geweckt«, führte der Münchener Journalist Joachim Mölter in seiner Laudatio aus. Und der habe diese Begeisterung bei Dirk Nowitzki geweckt. Welcher ja in den USA seine großen Erfolge gefeiert habe. Eben dort, wo Theo Clausen durch James Naismith, den Erfinder dieser Sportart, vom Basketball infiziert wurde. Womit sich der Kreis geschlossen habe.
Mölters betonte, dass Clausen den mittlerweile 77 Jahre alten Ex-Nationalspieler »für das Leben geprägt« habe. Vor allem die Freiheiten, die der junge Athlet bei seinem Lehrer genoss, hätten diesem gefallen. »Holger Geschwindner hat jeden Tag in der Woche Basketball gespielt.« Und sich damit so schnell entwickelt, dass der Pädagoge seinen Schützling bald zu seinem Lehrerkollegen Ernie Butler beim MTV 1846 Gießen schickte. Der Rest ist bekannt: Geschwindner prägte von 1964 bis 1969 die Mannschaft der Männerturner mit, mit der er drei Deutsche Meister-Titel feierte. Genauso wie die deutsche Nationalmannschaft, für die er unter anderem bei den Olympischen Spielen 1972 in München antrat.
Mölter legte Wert darauf, dass Clausen eine »ganze Menge Menschen mit Basketball-Begeisterung« angesteckt habe und Geschwindner nicht nur der große Förderer von Nowitzki gewesen sei. »Er hat auch viele andere Spitzenbasketballer geformt.«
Der Geehrte steuerte in seiner Dankesrede noch einige Rückblicke auf die Zeit in Laubach bei, etwa, dass Clausen bei der Einrichtung der neuen Sporthalle vor allem auf ein Basketball-Feld in den Original-Maßen gedrungen habe und erst deutlich später die üblichen Sportgeräte angeschafft worden seien.
Auch Volker Bouffier, der zweite Adressat der Theo Clausen-Medaille, konnte sich noch gut an den Namensgeber erinnern. Sein Laudator, Gießens Sportkreis-Vorsitzender Heinz Zielinski, stellte heraus, dass die Gießener Erfolgsgeschichte in Sachen Basketball nicht ohne eine »Fülle von Talenten mit Bezügen zu Laubach« möglich gewesen sei. Der ehemalige Ministerpräsident habe den Sport in Hessen in zwei Jahrzehnten auf neue Beine gestellt, sagte Zielinski. »Volker Bouffier hat den Sport selbst gelebt als Vorbild.« Dabei habe er immer einen besonderen Blick auf den Basketball gehabt. »Du warst ein Teil der Erfolgsgeschichte in Gießen«, lobte der Sportkreisvorsitzende.
Bouffier gestand, dass der Sport ein »prägender Teil meines Lebens« gewesen sei. Im Blick auf seine eigene aktive Karriere habe ein Autounfall »die Geschichte beendet«. Im Blick auf Clausen sei es faszinierend, wie ein Mann eine Bewegung losgetreten habe. »Heute würde man sagen, er war ein Visionär.« Michael Rüspeler blieb es da nur noch übrig, von einem »grandiosen Abend« zu sprechen. Wohl wissend, dass sich sein Verband in Zukunft an der Premieren-Veranstaltung in Laubach wird messen lassen müssen.
Am 6. Juli 1911 als Sohn eines deutschen Missionars in Surinam geboren und am 10. Mai 1985 an einem Krebsleiden in Lich verstorben, kann Theo Clausen als einer der entscheidenden Wegbereiter des Basketballs in Deutschland bezeichnet werden - und als Begründer dieser Sportart in (Mittel-)Hessen.
Durch einen Studienaufenthalt in den USA 1934 bis 1936 mit dem Spiel infiziert, propagierte er Basketball nach den Olympischen Spielen 1936 als Wandersportlehrer in Deutschland und legte damals auch den Grundstock in Gießen und Marburg.
Ab 1939 in Roßdorf lebend, war Clausen ab 1955 (bis 1974) Rektor des Graf-Friedrich-Magnus-Alumnats in Laubach, aus dem das Laubach-Kolleg hervorging. Neben Holger Geschwindner entstammten zahlreiche deutsche Spitzenspieler aus der Talentschmiede des ersten deutschen Bundestrainers im Basketball.